Jetzt arrondieren wir! – Einladung und offener Brief zur Planungswerkstatt am 4. Febr.

Einem neuen Schauspiel misslungener Planungskultur werden wir kommenden Freitag, den 4.02.2011 um 15 Uhr in der Haubachschule in Altona beiwohnen. Dann nämlich erledigt die Quantum-Immobilien-AG ihre vom Bezirk Altona auferlegte Hausaufgabe: Auch “die Bürger” müssen an Planungen beteiligt werden.

Lux & Konsorten hat den beauftragten Planungsbüros und Jurymitgliedern schon mal vorab in einem Offenen Brief mitgeteilt, was wir von dieser Form der Beteiligung halten.

Alles weitere dann mündlich am Freitag. Kommt mit uns zur ‘Planungswerkstatt Suttnerpark’.

Treffpunkt: Freitag, 4.2. um 14.45 Uhr vor der Haubachschule in Altona. Helme und Westen sind am Start.

———– offener Brief ———–

An:      bof architekten Hamburg
LrW Architekten und Stadtplaner GbR Hamburg
nps tchoban voss GmbH & Co. KG Hamburg
Schenk + Waiblinger Architekten Hamburg
Jurymitglieder, stellvertretende Jurymitglieder, Sachverständige der Planungswerkstatt

Sehr geehrte Damen und Herren,

sicherlich haben Sie bemerkt, dass die Einwohnerinnen und Einwohner dieser Stadt zunehmend Engagement zeigen, wenn in Hamburg entwickelt, geplant und gebaut wird. Erst kürzlich hat Ihr Berufsverband, die Hamburgische Architektenkammer, eine gut besuchte Veranstaltung durchgeführt, die sich damit befasste, dass Planungen „immer häufiger durch Volksabstimmungen oder Bürgerbegehren in Frage gestellt und hin und wieder auch gekippt“ werden und die Frage stellte: „Brauchen wir eine neue Planungskultur?“

Ach ja, die Planungskultur! Auch wir müssen leider feststellen: Da liegt Einiges im Argen. Zum Beispiel im Fall des „Electrolux“-Gelände an der Ecke Holstenstraße / Max-Brauer-Allee, mit dem Sie als Architekten derzeit befasst sind. In einer „Planungswerkstatt“ werden Sie am 4. Februar „erste Ideen zur städtebaulichen Arrondierung des Areals“ vorstellen, aus denen dann ein Entwurf als „die beste städtebauliche Lösung für das Areal” ausgewählt werden soll. Neben Repräsentanten von Parteien, Behörden und der Eigentümer sollen „interessierte Bürger“ über Ihre Entwurfsplanungen mitdiskutieren dürfen.

Um es kurz zu machen: Diese Form von Beteiligung halten wir für eine Farce. Warum? Das wollen wir Ihnen mit diesem offenen Brief erläutern.

Zum Areal selbst: Seit den Gewerbetreibenden aus der türkischen Community – die dort gerne geblieben wären – gekündigt worden ist, stand der Gewerbehof fast drei Jahre lang als Spekulationsobjekt leer. Im letzten Jahr nun hat die „Quantum Immobilien AG“ das Vorkaufsrecht erworben und möchte dort hochpreisige Mietwohnungen errichten. Dafür jedoch müsste der Bezirk Altona das Planrecht ändern, das eine Nutzung als Gewerbegebiet vorsieht. Das sollte zunächst in einem beschleunigten Verfahren ohne Bürgerbeteiligung geschehen. Weil Proteste laut geworden sind, haben sich Bezirk und Eigentümer jetzt offensichtlich auf besagte „Planungswerkstatt“ geeinigt. In der Ankündigung heißt es:

„Es wird nach einer städtebaulichen Entwurfslösung gesucht, die den zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohnern einen attraktiven Lebensraum und preisgünstigen Wohnraum schafft.“

Ein Satz, zwei Lügen. Erstens: Bereits im November 2010 wurden Vertreter der Quantum Immobilien AG bei den im Bezirk vertretenen Parteien vorstellig und erläuterten ihre Pläne für das Areal.  Sie stellten klar, dass sie mit einem Quadratmeterpreis von 12 Euro kalt kalkulieren – von wegen also „preisgünstiger Wohnraum“. Außerdem präsentierten sie ein fertiges „bauliches Konzept“, wie auch der Ankündigung zur „Planungswerkstatt“ zu entnehmen ist:

„Dieses sieht für den Bereich an der Max-Brauer-Allee und zum Bertha-von-Suttner-Park hin eine Wohnbebauung in Form eines fünfgeschossigen Gebäuderiegels (mit Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss) samt dreigeschossiger Hofbebauung vor.“

Sprich: Es gibt nichts zu diskutieren. Die Quantum AG weiß, was sie will: Einen fünfgeschossigen Gebäuderiegel, der sich – anders als das jetzige Gebäude mit seinem offenen Innenhof – zur Straße und zum Park hin abschottet. So viel Gated community wie nötig, so wenig öffentlicher Raum wie möglich.

Wir sind sicher, dass Sie uns eine architektonische Lösung für die gewünschte „Arrondierung“ des Areals in ansprechender Form präsentieren werden. Wir möchten die aber nicht mit Ihnen diskutieren. Uns interessiert nämlich derzeit nicht die bauliche, sondern die soziale Architektur. Und da stellen wir fest: Einmal mehr soll in Altona ein günstiger Gewerbehof einer Trutzburg für die obere Mittelschicht weichen. So sortieren Immobilienfonds und -AGs den Stadtteil Altona und die gesamte westliche innere Stadt derzeit mal wieder durch: Um noch die letzten unsanierten Hinterhöfe und ehemaligen Industrieareale zu Townhouses und Luxus-Gewerbehöfen zu machen.

Es liegt doch auf der Hand, dass wir bei der Veranstaltung mit dem irreführenden Titel „Planungswerkstatt Suttnerpark“ (um den Park geht es als Allerletztes) nicht mit Ihnen über Fassadengestaltung oder Traufhöhe fachsimpeln wollen! Wir haben andere Hobbys.

Wir fordern: Bezahlbare Arbeitsräume statt Edelwohnen! Für den Erhalt des Electrolux-Areals als Gewerbehof!

Offener Brief von Lux & Konsorten zur ‘Planungswerkstatt Suttnerpark’ zum Download (als .pdf)

01. Februar 2011 von crisb
Kategorien: Alle, LUX-Materialien etc. | 4 Kommentare

Kommentare (4)

  1. Pingback: stadtnachrichten mittwoch 2. februar « from town to town

  2. Was gibt euch das Recht, hier mitreden zu wollen? Wenn ihr euch ein Bein brecht (zum Beispiel bei ner coolen Sponti-Demo oder beim Boßeln), dann darf demnächst auch nicht ein Arzt die Behandlung vornehmen, sondern jeder, der schonmal ein Bein gesehen hat, darf daran rumdoktern? Ich kann nur sagen: Gute Besserung! Oder anders: Kümmert euch um euren eigenen Scheiß!!!

    • Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun. Es ist doch gutes Recht der Ini, auf den Mangel an günstigem Gewerberaum aufmerksam zu machen. Der Bezirk und die Planer sollten allerdings verstehen, dass es in der Tat überhaupt nichts bringt, Laien über Entwürfe diskutieren zu lassen. Zumal die Inhalte ja bereits gesetzt waren!
      Die Diskussion zeigt aber auch, dass Stadtentwicklung vielschichtig ist und es keine einfachen Wahrheiten gibt. An anderer Stelle wird laut – und zurecht! – gerufen, “(Gewerbe)Leerstand zu Wohnraum”. Hier soll nun Wohnraum geschaffen werden.